Robotic

Food-Roboter - Entertainment oder ernstzunehmende Zukunft?

Philipp Wolf
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6.3.2022

Roboter sind in Lebensmittelindustrie und -Handel keinesfalls etwas neues. Fabriken sind teil-, so manches Fulfillment Center vollautomatisiert. Doch hier in Europa ist die Technikbegeisterung noch nicht so groß, wie im asiatischen Raum und als Endkund*in gehört die Food-Automatisierung noch nicht zum Alltag. So war es spannend zu beobachten, wie der Rest der Welt bei den diesjährigen Olympischen Winterspielen mit Chinas Hightech-Kantine zurecht kam. Darum werfen wir mal einen Blick darauf, was uns in den nächsten Jahren erwarten könnte. Denn Digitalisierung, technischer Fortschritt und Fachkräftemangel werden dafür sorgen, dass Roboter schon bald in unseren Food-Alltag gehören, wie Rezept-Websites und die Lebensmittelbestellung per App.

Individueller Geschmack auf Knopfdruck

Fangen wir mit Robotern an, die hoch spezialisiert sind und demnach nicht viel, das aber richtig gut können. Einer dieser Roboter ist der Cookie-Robot aus Huntsville, Alabama. Kund*innen können aus insgesamt 160 Varianten wählen. Nach der Bestellung legt ein Roboterarm einen bereits vorgebackenen Keks in den Ofen, der bei 350°C erhitzt wird. Nach 2 Minuten holt der Arm den Cookie aus dem Ofen, legt die Wunschtoppings auf den Keks und platziert diesen in einem kleinen Fach, wo der Bestellende sich das Produkt herausnehmen kann.

Herzhafter geht es da bei Savor Eat zugange. Der 3D-Druck-Roboter des Unternehmens verwandelt pflanzenbasierte Inhaltsstoffe in ein fertiges Burger-Patty, das sich Kund*innen nach Wunsch individuell zusammenstellen können.

An solchen "Robotern" - wobei ich persönlich hier eher bessere Automaten sehe - versucht sich nun auch Aldi Australien. In einem Pilotprojekt wird ein Pizzabot nun in einer Filiale in Sydney die Kund*innen mit "Pizza in Restaurant-Qualität" beglücken.

Sind Roboter die Antwort auf den Fachkräftemangel?

Während die vorigen Beispiele wohl mehr der Unterhaltung dienen, hat sich so manches Unternehmen einer Revolution verschrieben - dem vollständigen Ersetzen menschlicher Arbeitskräfte. Einer dieser Revoluzzer ist Nala, ein Unternehmen aus Chicago. Dessen Roboterarme haben ihr eigenes Restaurant in Naperville, Illinois und beherrschen laut Unternehmensaussagen Millionen von Rezepten, die teils von Köchen und Prominenten aus aller Welt stammen. Die Technologie von Nala kann auch Zutaten nach Kundenwunsch personalisieren und anpassen.

Doch um Food-Robotik dieser Art zu erleben, braucht es keine Reise nach Illinois. Aitme, ein Berliner Startup, das bereits über 12 Millionen Dollar in Finanzierungsrunden einsammelte, hat sich einer vollautomatisierten Roboterküche verschrieben. Aitmes Roboter soll dabei zukünftig speziell in Kantinen von Firmen, Krankenhäusern und weiteren Orten eingesetzt werden. Der Roboter, der sich in einer futuristischen Box befinden, kann bis zu acht Gerichte zubereiten, die komplett nach den Wünschen der Kund*innen angepasst werden.

Weniger an einen Roboter, sondern mehr an einen Automaten erinnert das Produkt ROWOK der Firma SJW Robotics. Und doch werden in dieser Box Zutaten zu einem frischen Wok-Gericht zubereitet. Das Endergebnis erscheint nach etwa 90 Sekunden. Gut 320 Mahlzeiten kann die Robo-Box mit einer Zutaten-Füllung herstellen.

So innovativ diese Lösungen auch sein mögen, sie bedürfen viel Platz oder umfangreicher Umbauten, um zu funktionieren. Eine Übergangslösung könnten hier die Roboterarme von Miso Robotics liefern. Ihr Roboter namens Flippy kann in bestehenden (Fast-Food-) Restaurants integriert werden. So wird Flippy bereits in hunderten von Restaurants der Burger-Kette White Castle eingesetzt.

Das vollautomatisierte Pizzarestaurant von Hyper-Robotics

Während die Roboter der vergangenen Ausgabe eher bessere Automaten waren, hat so manches andere Unternehmen bereits deutlich größer gedacht. Beispielsweise Hyper-Robotics, deren Pizza-Restaurant frische Pizza in "italienischer Qualität" anbietet.

Props gehen hier definitiv an die Macher des Image-Videos, das mit einer gelungenen Anspielung auf die Netflix-Erfolgsserie "Chef´s Table" wirklich Lust auf Pizza macht.

Und wenn Amerikaner an Pizza denken, dann natürlich an Pizza Hut. Die US-Marke hat sich auch gleich einen Hyper-Bot gesichert und nutzt diesen erfolgreich für PR. Na hoffentlich schmeckt die Pizza aus der Robo-Box dann auch besser als das Original.

Wie geht es weiter mit den Robo-Restaurants?

Vorerst wird es bei einigen PR-Stunts bleiben, denn bislang ist es noch nicht abzusehen, dass wir in naher Zukunft in vollautomatisierten Restaurants dinieren. Maximal in der Großversorgung ist es vorstellbar, dass "Roboter" ergänzend zum bestehenden Angebot, spezielle Gerichte in Kantinen oder Ähnlichen Locations zubereiten.

Aber... zwei Trends könnten zukünftig miteinander verschmelzen und hier sehen bereits erste Anbieter eine Win-Win-Situation. Ghost Kitchens - über die es ebenfalls in absehbarer Zeit einen Deep Dive geben wird - sind bereits darauf ausgelegt, sehr effizient und mit möglichst wenig Platz und Personal zu arbeiten.

Es würde mich daher nicht wundern, wenn der Lieferando-Kurier die Pizza schon bald auf Knopfdruck aus einer Ausgabeklappe holt. Frisch zubereitet durch einen Roboter.

Braucht es zukünftig noch Kellner*innen?

Denkt man an Roboter, kommen einem wohl nicht zu groß geratene Pizza-Automaten in den Sinn, sondern eher menschenähnliche Figuren wie R2D2 oder C3PO.

Soooo weit sind wir von dieser Zukunft gar nicht entfernt. Na gut, mit Intelligenz haben diese Roboter-Kellner noch nichts am Hut, aber Essen und Getränk von A nach B zu bringen klappt schon mal ganz gut. Und dafür braucht man nicht nach China oder Japan reisen. Manchmal tut´s da schon eine Fahrt zum China-Restaurant nach Moers oder Köln.

Führend auf dem Gebiet der Robo-Waiter ist Pudu Robotics. Die PuduBots des Chinesischen Unternehmens sind im Wesentlichen rollende und (naja...) "intelligente" Träger von Essenstabletts, die dazu in der Lage sind, Gäste zu begrüßen und "Happy Birthday" zu singen.

Roboter als die Lösung für die letzte Meile?

Während automatisierte Tablettträger bislang eher als PR-Gag durchgehen, wird der Faktor "Automatisierung" an anderer Stelle schon ernster und wichtiger. Denn der zunehmende E-Commerce-Boom - auch im Lebensmittelhandel - führt zu einer enormen Nachfrage an Fachkräften, die auf wenig Angebot stößt.

Kommen wir zu einer möglichen Lösung durch Roboter.

So beispielsweise in der kalifornischen Bay Area. Der dort ansässige Flagship-Store von Lucky California liefert dort online bestellte Ware mit autonomen Fahrzeugen der Firma Starship aus. Wie das aussieht zeigt dieses kurze PR-Video.

Aber den Ausflug in die USA kann man sich sparen, denn Startship abreitet bereits in Hamburg mit dem größten Pizza-Lieferservice Domino´s zusammen. Seit dem 10. Mai letzten Jahres rollt das Pilotprojekt durch die Straßen der Hansestadt. Dank modernsten On-Board-Sensoren und Kameras schlängelt sich der kleine Lieferbot geschickt durch den Verkehr, weicht Hindernissen aus und das bei Wind und Wetter.

Weitere vergleichbare Anbieter sind Kiwibot und Serve Robotics. Im wahrsten Sinne des Wortes "größer", denkt das kalifornische Unternehmen Nuro. Der hauseigene Roboter ist mehr ein autonomes Lieferauto, dass deutlich mehr Volumen ausliefern kann. Das im Sillicon Valley ansässige Unternehmen arbeitet bereits mit 7-Eleven und Domino´s zusammen und plant nach der neusten Finanzierungsrunde weitere Projekte mit Kroger und Google.

Bringen uns in naher Zukunft also Roboter unser Essen? Ich denke ja, denn anders ist die steigende Nachfrage an Lieferbestellungen gar nicht zu händeln. Vermutlich wird es aber so schnell keine Robo-Lieferung vom Lieblingsitaliener geben. Es werden eher die großen Fast Food-, System Gastro-, Handels- und Ghost Kitchen-Unternehmen sein, die jeweils Flotten kleiner Lieferbots einsetzen werden.

Und was gibt´s noch spannendes zum Thema "Robotik"?

Wie wäre es mit einem autonomen Kiosk? Das „Snack Mobil“, das in Zusammenarbeit von REWE digital und Vodafone entstanden ist, fährt gerade regelmäßig durch das Carlswerk-Gelände in Köln-Mülheim.

Befindet sich das Mobil in der nähe (lässt sich über eine eigene App prüfen) reicht ein winken und es bleibt vor einem stehen. Schnell noch per Smartphone bezahlt und schon kann man sich das Getränk oder den Snack sein Wahl entnehmen.

Noch immer nicht genug von dem Thema? Dann bietet "The Spoon" hier noch ein paar Einblicke in weitere Unternehmen und Technologien.

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