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Food & Beverage Marken in der Krise

Philipp Wolf
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23.4.2023

Die Inflation führt nicht nur bei den Verbraucher*innen zu einem veränderten Konsumverhalten. Auch auf Anbieterseite tut sich so einiges. Hersteller reagieren auf die neuen Marktbedingungen mit Preiserhöhungen, die zwar berechtig sein mögen, seitens Handel aber gar nicht gerne gesehen werden, der im umkämpften Handelsumfeld um seine Preisparität fürchtet.

Auf Herstellerseite hat man in diesem Streit eigentlich schlechte Karten, denn das Argument der Markenstärke und der damit verbundenen Nachfrage seitens Kund*innen, verfliegt mehr und mehr in der Theorie. Seitens Handel werden immer mehr Marken ausgelistet und durch Eigenmarken ersetzt. Von "Verärgerten Verbraucher*innen" keine Spur.

Bis auf die Tatsache, dass Mars Wrigley eine Retro-Brand wie Raider kurzzeitig als Limited Edition wieder zurück in die Regale bringt, läuft es eher so mäßig für bekannte Lebensmittelmarken.

Die einstigen Best Practices wie Punica und Wringley's Kaugummistreifen, die durch intensive TV-Bespielung noch dem letzten Shopper ihre Positionierung in den Hippocampus verankerten, verschwinden vom Markt.

Im Vergangenen Jahr stellte Nestlé bereits den Deutschland-Vertrieb der Wassermarke Vittel ein und kündigte in diesem Jahr an, auch Nestea einzustellen.

Marktlage zwingt Hersteller zu mehr Fokus

Die Zeiten, in denen Hersteller gleich eine Vielzahl mehrerer Marken innerhalb einer Kategorie launchen, um auch noch der letzten Zielgruppe ein minimal passenderes Produkt zu bieten, sind vorbei.

Der Platz in den Regalen wird knapper, die Verhandlungen mit dem Handel härter, die Margen geringer und die Anzahl an Mitarbeitenden kleiner. So bleibt Herstellern nichts anderes übrig, als “strategischen Prioritäten” zu setzen, mit denen auch PepsiCo das Punica-Aus begründete.

Hinzu kommt, dass sich allmählich die träge Anpassungsgeschwindigkeit großer Lebensmittelkonzerne rächt. Einige der nun gescheiterten Marken sind längst aus der Zeit gefallen. Die "Zuckerbombe" Punica passte vielleicht noch in die Geschmacksnerven der jungen Zielgruppe, aber schon längst nicht mehr in die Vorstellungen einer gesunden Ernährung ihrer Eltern.

Das Konsumverhalten ändert sich schneller, als das die Strukturen großer Unternehmen da mithalten könnten.

Noch vor wenigen Jahren investierten Hersteller Millionen in Werbedruck, der sich daraufhin über eine lange Zeit auszahlte. Heute müssen Marken variabler auf die sich veränderten Bedingungen reagieren können. Doch, ist eine Markenpositionierung einmal in den Köpfen der Verbraucher*innen verankert, lässt sich diese nicht mehr so schnell korrigieren. Dumm nur, wenn die sich plötzlich etwas ganz anderes von einer Marke wünschen.

Damit dürften die seit Jahren erprobten Multimarkenstrategien großer Lebensmittelkonzerne wie Nestlé, Unilever und Kraft Heinz in den Archiven der Unternehmensgeschichte verschwinden. Es braucht neue Wege, um Schritt zu halten und für Konsument*innen und Handel attraktiv zu bleiben.

Hersteller wollen direkt an die Endkonsument*innen

Der stärkere Fokus auf wenige Marken ist aber nur ein Weg, den die Konzerne gehen werden. Gleichzeitig wird der direkte Draht zur Kundin bzw. zum Kunden stärker gesucht. "Direct-to-Customer" ist das Stichwort, oder auch kurz "D2C". So umgeht man den die Restriktionen des Handels und schlägt gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe. Keine Verhandlungen um Einkaufspreise, kein Platzmangel in den Regalen und höhere Margen. Wäre da nicht das Problem mit den starren Strukturen, die es kaum möglich machen, mit Startups mitzuhalten.

Also wird fleißig eingekauft. So wurden mit Just Spices (jetzt Kraft Heinz) und Ankerkraut (Nestlé) bereits zwei der führenden Gewürz-D2C-Startups in Deutschland unter Konzern-Fittische genommen. Mit Yfood folgte erst kürzlich eines der erfolgreichsten deutschen D2C-Unternehmen ins Nestlé-Portfolio.

Doch das wilde Gewinke mit Geldscheinen wird die Probleme nicht lösen. Zu dem Schluss kam auch das Handelsblatt, das vor kurzem darüber berichtete, wie schwer sich die Konzerne damit tun, die Akquisitionen in die eigenen Strukturen zu integrieren.

Auf Konzernseite bleibt also noch viel zu tun, um den neuen Marktbedingungen gerecht zu werden. Und genau da liegt die Chance für Startups, die in vielerlei Hinsicht aktuell die besseren Karten in der Hand haben.

Aber darum wird es erst im nächsten Newsletter gehen.

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