Metaverse

Augmented Reality – kommt der Filter für das Supermarktregal?

Philipp Wolf
|
18.8.2022

Am 11. Mai war es wieder soweit: Google-CEO Sundar Pichai leitete die Keynote „Google I/O ‘22“ ein. Auf dem jährlichen Event zeigt der Konzern aus Mountain View die neusten Errungenschaften und gibt einen Ausblick auf aktuelle Projekte und die Vision(en) des Tech-Riesens.

Jetzt mag man sich fragen, was das mit Food zu tun hat? Wart´ ab.

Senior Vice President Prabhakar Raghavan hatte das Vergnügen, uns die Vision der „Multisearch“ vorzustellen – übersetzt so viel wie die "Überall-Suche". Darunter versteckt sich unter anderem die Idee, dass man ein Foto von einem Gericht macht, welches man lecker findet und Google einem dann zeigt, wo man dieses Gericht in der Nähe bestellen kann – genannt „near me“.

Auf dieses durchaus interessante Feature möchte ich aber gar nicht näher eingehen, sondern auf ein ganz anderes, viel größeres "Produkt".

Verändert Augmented Reality den Einkauf im Supermarkt?

In seinem Vortrag führt uns Raghavan durch eine Vision, in der Multisearch in Verbindung mit Augmented Reality (AR) unsere Einkaufserfahrung im Supermarkt maßgeblich verändern könnte.

Ein Kunde oder eine Kundin sind auf der Suche nach Schokolade für einen Freund. Dieser isst gerne dunkle Schokolade und verzichtet lieber auf Nüsse.

Doch das Schokoladenregal ist groß und unübersichtlich, genauso wie die Auswahl.

Dank Multisearch ist das kein Problem. Die Person scannt das Regal mit der Smartphone-Kamera, und Google hebt geeignete Produkte hervor.

Das wäre an sich schon eine große Innovation, die zur Revolution würde, sollten sich AR-Brillen wie "Google Glass" in näherer Zukunft durchsetzen.

Die folgenden Gedankenspiele zeigen, worauf sich Branche und Unternehmen im Hinblick auf "Multisearch" zukünftig einstellen müssen.

Welchen Einfluss hat Multisearch auf Food-Unternehmen?

AR-optimiertes Packaging: Vermutlich haben wir alle schon einmal ein Captcha lösen müssen, um zu „beweisen“ dass wir ein Mensch sind. Was viele nicht wissen: Diese Captchas dienen auch dem Training künstlicher Intelligenz. Es ist nämlich gar nicht so leicht für einen Computer, Dinge zu erkennen und zu unterscheiden. Das gilt für Ampeln und Autos ebenso, wie für Produkte in einem Supermarktregal. In einer AR-Multisearch-Zukunft sollten Verpackungen so gestaltet werden, dass sie durch Smartphone- und AR-Brillen-Kameras gut zu erfassen und zu erkennen sind.

Datenpflege: Dank Produkt-Ads kennt Google heute bereits viele unserer Produkte sehr gut. Doch in der beschriebenen Zukunft kommt kein Food-Unternehmen daran vorbei, dem Konzern alle Daten über die eigenen Artikel verfügbar zu machen. Diese Daten werden darüber hinaus umfassender. Neben Namen und Preis braucht Google Informationen über Nährwerte, Inhaltsstoffe sowie Produkteigenschaften. "Datenkrake 4.0"!

Kundenbewertungen: Auf Google wird nahezu alles bewertet. Restaurants, Unternehmen, öffentliche Gebäude und Sehenswürdigkeiten. Raghavan deutet im Vortrag an, dass man aller Voraussicht nach, bald auch Produkte bewerten wird. Wir brauchen uns nur mal in der Gastronomie erkundigen, wie wichtig gute Bewertungen auf Google sind. Wir reden also nicht nur von Multisearch, sondern auch von "Multirate".

Branding verliert an Wert: Gegenwertig ist es doch so: wir spazieren durch den Supermarkt und haben keine Lust, unser Gehirn anzustrengen - aber wir brauchen etwas zu Essen. Also greifen unsere Hände fast automatisch ins Regal, und zwar wohin? Na klar, zu dem, was wir kennen: den Marken. Was aber, wenn wir eine AR-Brille tragen und die Brille weiß, was wir wollen? "Bio, gut bewertet, ohne Laktose und bloß keine Rosinen!" Wofür braucht es da noch Marken? Die Kaufentscheidung von Lebensmitteln könnte sich wieder stärker zum faktischen Produktnutzen verlagern.

Bleibt noch eine letzte Frage...

Sind Filter käuflich? Google möchte Geld verdienen. Daher werden diese neuen Services früher oder später monetarisiert und wie üblich mit Werbung. Es stellt sich die Frage, ob große Lebensmittel-Konzerne hier einen entscheidenden Vorteil haben, wenn sie große Budgets für virtuelle Hervorhebungen im Supermarkt bereitstellen können. "Du suchst Kartoffelchips? Nimm doch diese hier, auf die der große, rote und virtuelle Pfeil zeigt und für die Konzern XY viel Geld hingeblättert hat, damit wir dir diesen Pfeil einblenden."

Zu guter Letzt muss man sich auch die Frage stellen, ob Google eigentlich auch Gatekeeper für den Supermarkt wird. Die Google-Suche hat in Deutschland bereits eine Monopolstellung inne. Wer in den Rankings oben erscheinen will, muss sich am Algorithmus orientieren und darf auf keinen Fall etwas „verbotenes“ machen. Sonst gibt’s den Bann und die Seite verschwindet aus den Suchergebnissen. Man stelle sich mal vor, das passiert einem in Supermarkt...

Weitere Updates entdecken

Newsletter Anmeldung

Nie wieder das wichtigste rund um die Branche verpassen.

Zwei mal pro Woche
Die wichtigsten News
Kuratiert und kompakt